Dalmatien, in der Antike eine Provinz des Römischen Reiches, blickt auf eine einzigartige Geschichte zurück, die auch maßgeblichen Einfluss auf die dalmatinische Gastronomie genommen hat.

Die Zeit der langjährigen Römerherrschaft in Dalmatien hat zahlreiche Spuren hinterlassen und einer dieser Einflüsse prägte die dalmatinische Gastronomie.
Dalmatien ist der Inbegriff eines nachhaltigen Erbes, wie es Stephen Mennell in seinem Buch “Culinary Cultures of Europe: Identity, Diversity and Dialogue” beschreibt. Außerdem ist es ein kulinarisches Kaleidoskop aus antiken Seeigel-Gerichten, rohen Fischsalaten, unter der Glocke gebratenem Fleisch, Teigen und Broten nach altertümlicher Art, byzantinischen süßsauren Soßen und sarazenischem Gemüse, wie zum Beispiel gefüllte Auberginen. In Dalmatien erfreuen sich solch antike Gerichte auch heute noch großer Beliebtheit. Der Besuch eines lokalen Restaurants sollte deshalb keinesfalls vergehen, ohne dalmatinischen Pršut (luftgetrockneter Rohschinken) und ungesäuertes Brot (Viška oder Komiška pogača) probiert zu haben. Doch die kulinarische Geschmacksreise durch die Antike ist hier noch nicht zu Ende.


Bei der bekannten "pašticada" handelt es sich um Rindfleisch, das man zunächst in einer Marinade ziehen und anschließend langsam in einer Gemüsesoße schmoren lässt, so dass sich, so Stephen Mennell, die Aromenvielfalt von Rom, Byzanz und Venedig verbreitet. Fischrezepte hingegen eignen sich besonders, um die Geschichte der dalmatinischen Küche zu entdecken. "Lešada" oder "Popara" (gekochter Fisch), für den die Insel Korčula berühmt ist und "Gregada" (Fischeintopf), welcher auf der Insel Hvar zubereitet wird, zählen zu den besten mediterranen Fischeintöpfen. Die Königin unter den Fischgerichten ist allerdings das dalmatinische "Brujet", eine Kombination verschiedener Qualitäten, die Dalmatien ausmachen: das Meer, die Olivenhaine und die Weinberge.

Bereits in der Antike wurde Salz als Konservierungsmittel für Fleisch und Meeresfrüchte verwendet, um deren Haltbarkeit zu verlängern und von der Verfügbarkeit saisonaler Lebensmittel unabhängig zu sein.

Historische Aufzeichnungen, in denen Fakten und Mythen sowie Legenden und archäologische Funde manchmal miteinander verflochten sind, verschmelzen zu einem Mosaik einer kleinen, aber doch starken und mächtigen Welt, deren geschichtliche Bedeutung und Schicksal durch das Meer und das Segeln bestimmt wird. Solche Aufzeichnungen erwähnen die "Falkuša"-Boote aus Komiža, die bei “Maestral“ Richtung Palagruža aufbrachen und bei “Jugo“ wieder mit salzigen Sardellen vollbeladen zurücksegelten (Maestral und Jugo sind Lokalwinde in Kroatien). Jede Angelsaison begann grundsätzlich immer mit einer Regatta. Als Erster anzukommen bedeutete, den besten Angelplatz für sich beanspruchen zu können. Salzmarinierte Sardellen, eingelegte Kapern und Oliven galten als Grundnahrungsmittel, mit denen Familien damals durch den Winter kamen.

Zwischen Vis und Komiža, den beiden größten Orten auf der Insel Vis, gab es untereinander schon immer gewisse Spannungen. Dies lässt sich auch anhand bekannter Rezepte feststellen.
Der kroatische Gastronom Veljko Barbieri beschäftigte sich unter anderem auch mit der Geschichte eines ganz speziellen ‘Brotes’ von der Insel Vis (Issa). Die alten Griechen brachten dieses Rezept bereits seinerzeit aus Syrakus mit (Vis wurde auch Dionysus Issa genannt). Ursprünglich ist dieser Kuchen ein nur mit Zwiebeln, Knoblauch, Petersilie und Salzwasserfischfilets, meist Sardinen, belegtes Fladenbrot gewesen - die sogenannte Viška pogača (Issa). Aber dank Spanien und seiner Kolonien begann man auch in Europa und den südlichen Mittelmeerländern Tomaten sowie Tomatensoßen zu verwenden. Der im Folgenden beschriebene Kuchen stammt aus Komiža.


Trogirski Rafioli - eine legendäre Köstlichkeit

Man könnte sagen, dass "rafioli" im überwiegenden Teil unserer ältesten Provinz eine Art Kultstatus genießen - ähnlich wie die kirchliche Hostie - und bei Taufen, Kommunionen und Konfirmationen sowie bei Hochzeiten und Totenwachen auf den Tisch gebracht werden. Wie auch bei anderen dalmatinischen Leckereien hat fast jede Familie ihr ganz eigenes Rezept, das mit beneidenswertem Eifer von Generation zu Generation weitergegeben wird. An die Entstehung der Trogirski "rafioli" ist eine Legende geknüpft, die allerdings, wie sooft der Fall, historisch nicht belegt ist. Ein Mädchen namens Rafioli wurde in der berühmten Festung Kamerlengo in Trogir gefangen gehalten. Getragen von der Hoffnung von ihrem Liebsten gerettet zu werden, backte sie dort köstlichen Kuchen. So begab es sich, dass ein in Trogir lebender Patrizier das Mädchen befreite und auf seinen herrschaftlichen Wohnsitz führte, wo sie ihm bis ans Lebensende "Rafioli" backte. In Trogir haben wir uns einmal im Rahmen des Bacchusfestes (ein Wein-Event antiken Ursprungs) bis in die frühen Morgenstunden hinein mit Duško Geić, einer guten Seele der Stadt, Winzer, Dichter, Sprachwissenschaftler und vor allen Dingen ein ausgezeichneter Kenner der Trogirer Geschichte und Tradition, über "Rafioli" unterhalten. Seinen Ausführungen zufolge sei die korrekte Bezeichnung (für den Singular) nicht Rafiol sondern Rafiola. Doch unter der schweren Last des patriarchalischen Erbes änderte Rafiola das Geschlecht und wurde männlich, Rafiol.

Typisch eben für Dalmatien, wo selbst Olivenöl ein männliches Geschlecht hat, obwohl der Olivenbaum selbst weiblich ist.